Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

wir sind sehr dankbar dafür, dass Sie dieses Thema so kurzfristig wieder auf die Tagesordnung des Gemeinderates genommen haben. Bisher waren wir es nicht gewohnt, dass unsere Anträge so kurzfristig behandelt werden.

Wir hätten uns allerdinge ein anderes Vorgehen gewünscht und sind eigentlich davon ausgegangen, dass heute über unseren Antrag vom 25.10.2017, neue Vergabekriterien für

städtische Bauplätze zu beschließen, beraten werden soll.

Die Diskussion zu diesem Thema verlief in der letzten GR-Sitzung ja sehr emotional. Wir hoffen, dass sich diese Aufregungen inzwischen beruhigt haben.

Ich sage es heute nochmals sehr deutlich: Wir haben nicht behauptet, dass die Stadtverwaltung, namentlich die am Losverfahren beteiligten Personen, während des Ziehvorgangs manipuliert haben.

Wir bitten Sie und vor allem diejenigen, die uns in der letzten Gemeinderatssitzung für unser Verhalten so massiv kritisiert haben deshalb, unser Schreiben genau zu lesen. Selbstkritisch muss ich rückblickend aber auch sagen, wir hätten in unserer Anfrage wohl besser das Synonym „auf undurchsichtige Art“ verwenden sollen.

Nach wie vor sind wir jedoch der Auffassung, dass das Vergabeverfahren für das Baugebiet „In der Spöcke“ intransparent war. Kurzfristig wurde ein in der Vergangenheit bewährtes Vergabeverfahren, das in öffentlichen GR-Sitzungen beschlossen wurde, abgeändert. und dies ist – nach unserer Auffassung – nicht rechtmäßig. Auch wenn diese Sichtweise einigen nicht gefällt. Und immer noch nicht wissen wir, warum dies so praktiziert wurde.

Vor allem in Richtung Öffentlichkeit möchte ich heute auch noch deutlich hervorheben, dass die Berücksichtigung ehrenamtlichen Engagements nicht von mir kurzfristig beantragt wurde, sondern dass dies einstimmige Beschlüsse des Gemeinderats in den öffentlichen Sitzungen am 25.02.2015 und 26.10.2016 waren, auf dessen Einhaltung ich hingewiesen und bestanden habe.

Überrascht sind wir jedoch über die Gewichtung des heutigen Beschlussvorschlages mit einem Thema, das für uns eigentlich schon abgeschlossen war. Und ich musste die Sitzungsvorlage mehrfach lesen, um die Tragweite des heutigen Tagesordnungspunktes überhaupt zu verstehen.

In meiner über 30-jährigen Tätigkeit als Gemeinderat habe ich es noch nicht erlebt, dass einer angeblichen Befangenheit so viel Aufmerksamkeit und Arbeitszeit seitens der Stadtverwaltung beigemessen wurde und dass sogar die Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamtes eingeschaltet wurde, nur um sich zu rechtfertigen.

Essenz soll sein: „Wir (die Stadtverwaltung) haben alles richtig gemacht!“

Aber die Stadtverwaltung hat nicht alles richtig gemacht, Herr Bürgermeister. Sonst müssten wir uns heute nicht schon wieder mit dem Thema Bauplatzvergabe befassen.

Aus Sicht der GLG gab es keinen Grund, die Bauplätze in einer nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung auch noch anonym auszulosen.

Das gab es noch nie!

Verwundert bin ich auch darüber, dass das Schreiben meines Sohnes, das er aus eigenem Antrieb an den Bürgermeister und den Gemeinderat geschrieben hatte, der Kommunalaufsicht des Landratsamtes vorgelegt wurde.

Und ich frage mich, was interessiert es die Rechtsaufsicht, dass Herr David Halsinger am Zuteilungstermin aus noch drei zu vergebenden Bauplätzen „einen seiner Wunschplätze wählen“ konnte. Wen interessiert dies hier überhaupt?

Ich sage es heute noch einmal: Es war nie meine Absicht, mit meinem Verhalten und dem Schreiben einer E-Mail an alle Gemeinderäte im Vorfeld der Bauplatzvergabe, einen Vorteil für meine Familienangehörigen zu erwirken. Sondern es ging mir um die Einhaltung bisher gefasster Gemeinderatsbeschlüsse und Absprachen und die Wertschätzung und Anerkennung ehrenamtlichen Engagements. Diese Notwendigkeit wird ja immer sehr betont. Wenn es jedoch darum geht dies umzusetzen spielte es – wie hier bei der Bauplatzvergabe -plötzlich keine Rolle mehr. Und wir können überhaupt nicht verstehen, warum es nicht bewertet werden kann.

Es ging mir nie um die Vertretung persönlicher Interessen sondern um die Interessen einer Bevölkerungsgruppe – der ehrenamtlich Tätigen – wonach nach § 18 Abs. 3 GemO keine Befangenheit vorliegt.

Noch einmal zitiere ich die GemO: In § 24 ist festgeschrieben: „Der Gemeinderat überwacht die Ausführung seiner Beschlüsse und sorgt beim Auftreten von Missständen in der Gemeindeverwaltung für deren Beseitigung durch den Bürgermeister“

Nicht dass wir uns jetzt gleich wieder dafür entschuldigen müssen, dass ich dieses Wort zitiert habe. Aber Gemeinderatsbeschlüsse wurden nicht eingehalten!

Wir nehmen diese Ausführungen, so wie es der Beschlussvorschlag vorsieht zu Kenntnis, teilen sie jedoch nicht.

Wir fragen uns: Worum geht es hier eigentlich? Wovon will man ablenken?

Hier möge sich jeder seine eigene Meinung bilden.

Aber für uns hat das inzwischen auch keine Bewandtnis, denn habe ich ja tatsächlich nicht am Auslosungsverfahren teilgenommen.

Aber es sollte doch erlaubt sein, dies in Frage zu stellen.

Um diesen Sachverhalt nochmals prüfen zu lassen, habe auch ich inzwischen die Rechtaufsichtsbehörde angeschrieben und meine Sichtweise der Dinge dargelegt.

Aus der Sitzungsvorlage können wir heute auch eine recht eigentümliche Bewertung ehrenamtlichen Engagements entnehmen. Wir stellen fest, dass wir alle, wie wir hier als Gemeinderäte oder insbesondere Ortsvorsteher sitzen, nicht ehrenamtlich tätig sind, weil unsere Tätigkeit ja „gegen Entgelt stattfindet“.

Ich sage es heute nochmals ganz deutlich. Wir haben kritisiert, wie mit Entscheidungen des Gemeinderats umgegangen wurde. Es mag ja sein, dass dies den meisten des Rates egal ist. Uns ist es jedoch nicht egal. Und wir nehmen dies auch nicht einfach hin.

Dem ganzen Gemeinderat wurde von der Stadtverwaltung mit dem anonymen Ausloseverfahren kein Vertrauen entgegengebracht. Ist das so akzeptabel?

Soll in Zukunft weiter so verfahren werden?

Es ist auch nicht unsere Ansicht, dass Gemeinderatstätigkeit nur Spaß machen muss. Die GLG Fraktion ist der Auffassung, dass Gemeinderatstätigkeit Interessenvertretung ist. Und jede Fraktion – wie auch die Stadtverwaltung - vertritt sicherlich unterschiedliche Interessen.

Ausgerichtet sollte dies jedoch am Wohl der Stadt und seinen Bürgern sein. Entscheidungen sollten transparent in der Öffentlichkeit und nicht anonym hinter verschlossenen Türen getroffen werden.

Es ist das Motto der Grünen Liste Gengenbach: Mit wachem Engagement für Gengenbach und es ist unsere Überzeugung, dass es erforderlich ist, Fragen zu stellen, auch wenn es unbequem ist.

Doch nun zu unserem Antrag:

Der Sitzungsvorlage ist zwar zu entnehmen, dass es aus Sicht der Verwaltung „bei den bisherigen Grundstücksvergaben keine Irritationen“ gab.

Dem können wir für die Vergangenheit zustimmen. Für das Baugebiet „In der Spöcke“ sehen wir dies jedoch anders.

Irritiert sind wir auch über den Beschlussvorschlag zu Punkt 3 dieses Tagesordnungspunktes.

Hier verweise ich auf § 34 der GemO. Dieser Paragraf scheint bei der Verwaltung offensichtlich in Vergessenheit geraten zu sein.

Der Gemeinderat hat, nach unserer Einschätzung, heute nicht darüber zu entscheiden, „ob die Verwaltung beauftragt wird, neue Vergabekriterien für die Bauplatzvergabe“ zu erarbeiten, sondern über unseren Antrag zu beraten und zu entscheiden.

Die Grüne Liste Gengenbach hat bei der letzten Kommunalwahl einen Stimmenanteil von über 26% erzielt. Und wir sind der Auffassung, dass wir dieses Ergebnis erzielt haben, weil wir uns immer sehr verantwortungsbewusst für Gengenbach und seine Bürger eingesetzt haben. Die GLG Fraktion stellt sechs Gemeinderäte. Das ist ein Viertel des Gemeinderates.

Demnach „ ist ein Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderates zu setzen.“ (§ 34,1 GemO Baden-Württemberg).

Das heißt: Über unseren Antrag muss entschieden werden und zwar vom Gemeinderat und nicht von der Stadtverwaltung!

Auch wenn Sie es anders sehen: Die Bauplatzvergabe für das „Baugebiet In der Spöcke“ hat für erhebliche Irritationen gesorgt und wir sind wir jetzt der Auffassung, dass verbindliche, eindeutige und langfristige Vergabekriterien für Bauplatzvergaben erneut vom Gemeinderat beschlossen werden sollten.

Es hat sich gezeigt, dass die bisher gültigen Kriterien nicht ausreichen, weil die Begriffe „objektiv nicht greifbar“ sind, wie es die Stadtverwaltung in der Sitzungsvorlage darlegt.

Selbstverständlich kann man über die Kriterien, die wir in unserem Antrag formuliert haben, diskutieren und anderer Meinung sein. Dies gilt aus unserer Sicht insbesondere für den Punkt der Bewertung für ehrenamtliches Engagement. Es kann allerdings nicht sein, dass Aufwandsentschädigungen für diese Tätigkeiten ein Ausschlusskriterium sind.

Und wir sind auch der Meinung, dass es Ausnahmeregelungen geben kann, wenn dies im Interesse der Stadt liegt. Aber dies muss dann transparent im Gemeinderat entschieden werden.

Unakzeptabel ist für uns jedoch, dass, bei einem Mangel an Bauplätzen für junge Familien, Plätze an Personen vergeben werden, die bereits in Besitz von Wohneigentum sind und jetzt vielleicht in ein anderes Haus ziehen möchten, weil es ihnen in der Spöcke besser gefällt.

Der Sitzungsvorlage ist jetzt auch noch zu entnehmen, dass sogar die Vermietung des bisherigen Wohneigentums akzeptiert werden soll, wenn die Einnahmen zur Finanzierung des Neubaus eingesetzt werden.

Dies widerspricht allem was in der Vergangenheit beschlossen und besprochen wurde.

 

Und wenn vom Gemeinderat beschlossene Vergabekriterien nicht überprüft werden oder wie es der Sitzungsvorlage zu entnehmen ist, dies „nur im begrenzten rechtlichen Umfang möglich“ ist, fragen wir uns: Warum haben wir dann überhaupt Vergabekriterien für städtische Bauplätze?

Wenn die Verwaltung auf die Angaben der Bauplatzbewerber angewiesen ist, diese Angaben aber nicht zutreffend sind, vielleicht sogar vorsätzlich falsch gemacht wurden, wollen wir dies einfach hinnehmen?

Und wir fragen uns, wie sich jetzt ein Bürger fühlen muss, dem in der Vergangenheit ein Bauplatz in Reichenbach versagt wurde, weil er wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat.

Wir sind der Auffassung, dass aus diesen Ausführungen sehr deutlich wird, dass verbindliche und objektiv nachprüfbare Vergabekriterien für städtische Bauplätze notwendig sind. Es hat sich gezeigt, dass die bisherigen dazu nicht ausreichend sind.

Vielen Dank!