Sehr geehrter Herr Bürgermeister Erny,

meine sehr geehrten Damen und Herren Gemeinderäte,

welch ein Aufwand für ein Thema, das in der Vergangenheit ganz unproblematisch über die

Bühne ging: Bauplatzvergabe.

Aus Sicht der GLG ist es es aber wert, dass wir uns jetzt so intensiv in einem separaten Tagesordnungspunkt damit auseinandersetzen.

Aus unserer Sicht geht es bei diesem Punkt auch nicht nur um das Thema „Bauplatzvergabe“ und schon gar nicht darum, Anschuldigungen der GLG Fraktion zurückzuweisen, wie es in der Sitzungsvorlage als Beschlussvorschlag formuliert ist, sondern um die Themen Transparenz und Umgang mit dem Gemeinderat.

Es geht auch nicht darum, dass die Bauplatzvergabe so erfolgte, wie sie dem Gemeinderat in der Sitzung am 27.09.2017 vorgetragen und vom Gemeinderat gebilligt wurde.

Dem ist ja auch offensichtlich so. Ich kann nur überhaupt nicht nachvollziehen, wie es in der letzten Gemeinderatssitzung zu solch einer Entscheidung kommen konnte.

In unserem Schreiben haben wir ja auch die Frage gestellt: War die Änderung des Vergabeverfahrens tatsächlich ein Gemeinderatsbeschluss? – Und damit rechtmäßig?

Ich möchte an dieser Stelle auch ganz deutlich darauf hinweisen, dass das Schreiben der GLG nicht alleine von Herrn Markus Schilli verfasst wurde. Dem Brief ist ja auch zu entnehmen, dass es „nach Rücksprache in unserer Fraktion“ formuliert wurde.

Von Herrn Schilli, und nicht von mir als Fraktionssprecher, wurde das Schreiben nur deshalb endgültig verfasst, weil wir jeglichen Anschein der „Befangenheit“ oder Interessenwahrnehmung für eine einzelne Person vermeiden wollten.

Jetzt kann man darüber streiten, ob eine Befangenheit vorliegt, wenn man einer Auslosung, auf die man keinen Einfluss nehmen kann, beiwohnt. Ich persönlich sehe dies nicht so.

In unserem Schreiben haben wir dies ja auch in Frage gestellt:

„Musste Herr Halsinger in diesem Losverfahren, so wie es durchgeführt wurde, tatsächlich wegen Befangenheit den Saal verlassen?“

Sie Herr Bürgermeister haben in der Sitzungsvorlage ausführlich die Voraussetzungen für eine Befangenheit dargelegt. In einem persönlichen Gespräch am 13.10.2017, also nach der Gemeinderatssitzung, habe ich ihnen gesagt, dass ich mich nicht befangen fühle, weil Familienmitglieder unter den Bauplatzbewerbern sind – auch nicht moralisch.

Der Beschlussvorschlag zur Gemeinderatssitzung sah vor: Der Gemeinderat stimmt zu, die Bauplätze an die Bewerber im Losverfahren (Reihenfolge der Ziehung entscheidend für die Auswahl des Wunschplatzes) zu vergeben. Ich wäre also nur Zeuge der Auslosung gewesen, dessen Ergebnis der Gemeinderat lediglich noch formal zustimmen musste. Hier hätte ich mich auch noch enthalten können.

Aus unserer Sicht war also keine „Entscheidung“ zu treffen, die mir oder meiner Familie einen Vorteil gebracht hätte (§ 18 GemO).

Aber darum geht es uns bei diesem Tagesordnungspunkt heute auch gar nicht. Dennoch möchte ich auf § 18 Abs. 3 GemO hinweisen, in der Befangenheit nicht vorliegt, „wenn die betroffene Person lediglich in ihrer Eigenschaft als Angehöriger einer… Bevölkerungsgruppe berührt wird.“

In unserem Wahlprogramm haben wir unseren Wählern versprochen:

Wir setzen uns ein für transparente Entscheidungsfindung in öffentlichen Gemeinderatssitzungen und Wertschätzung und Förderung von ehrenamtlichem Engagement.

Mit diesem Versprechen fühlen wir uns unseren Wählern verpflichtet, alles in unserer Macht stehende zu tun, dass dies auch umgesetzt wird.

Und darum geht es uns heute auch letztendlich.

In der Sitzung vom 26.10.2016 hat der Gemeinderat in einer öffentlichen Sitzung die Vergabekriterien für die Bauplätze „In der Spöcke und Binzmatt VI“ beschlossen. Ehrenamtliches Engagement ist dabei ein Vergabekriterium.

Ehrenamtliches Engagement (z.B. ausdrücklich Übungsleitertätigkeit in Vereinen) wurde von den Bauplatzbewerbern auch im Fragebogen der Stadt abgefragt.

Am 21.09.2017 erhielten wir die Sitzungsvorlage für die GR-Sitzung am 27.09.2017, in der auf den Beschluss vom 26.10.2016 verwiesen wurde.

Beschlussvorschlag: Der Gemeinderat stimmt zu, die Bauplätze an die Bewerber im Losverfahren (Reihenfolge der Ziehung entscheidend für die Auswahl des Wunschplatzes) zu vergeben.

In der Begründung wurde u.a. auf den GR-Beschluss vom 11.07.2017 verwiesen, wobei die Bauplatzvergabe mit der Maßgabe erfolgen soll, dass zunächst die Bewerber der bestehenden Bewerberliste berücksichtigt werden, und weitere, nach diesem Beschluss noch eingehende Bewerbungen nur dann berücksichtigt werden sollen, wenn noch Plätze vorhanden sind.

In der Sitzungsvorlage wurde die Bewerberliste in vier Gruppen eingeteilt:

Gruppe 1 (Familien mit minderjährigen Kindern, Gengenbach, Selbstnutzung)     15 Bewerber

Gruppe 2 (Familien mit minderjährigen Kindern, auswärts, Selbstnutzung)           11 Bewerber

Gruppe 3 (Gengenbach, Selbstnutzung)                                                                  9 Bewerber

Gruppe 4 (auswärts, Selbstnutzung)                                                                         2 Bewerber

Zum 25.09.2017 wurden die Fraktionssprecher kurzfristig zu einer Besprechung zu diesem Thema eingeladen.

In dieser Besprechung wurden wir damit konfrontiert, dass man „auch auswärtigen Bauplatzbewerbern und Paaren ohne Kinder eine Chance geben sollte, einen Bauplatz zu erhalten“.

Auch die Anzahl der Bewerber hatte sich plötzlich erhöht.

Gruppe 1        (Familien mit minderjährigen Kindern, Gengenbach,

                        Selbstnutzung)                                                                                  24 Bewerber

Gruppe 2        (Familien mit minderjährigen Kindern, auswärts,

                        Selbstnutzung)                                                                                  15 Bewerber

Gruppe 3 (Gengenbach, Selbstnutzung)                                                                 10 Bewerber

Gruppe 4 (auswärts, Selbstnutzung)                                                                         3 Bewerber

Obwohl die Tätigkeit in einem Verein aufgelistet wurde, (17 Bewerber, 14 mit Kindern) sollte ehrenamtliches Engagement plötzlich keine Rolle mehr spielen, weil es schwierig sei, dies zu bewerten.

Mit diesem Vorgehen war ich persönlich nicht einverstanden und habe mich entsprechend geäußert.

Der Gemeinderatsvorlage für die heutige Sitzung ist jetzt als Begründung zu entnehmen, dass „das Vergabeverfahren … zuvor mit Vertretern der Fraktionen am 25.07.2017 abgestimmt“ wurde.

Ich möchte heute an dieser Stelle sehr deutlich und in der Öffentlichkeit darauf hinweisen, dass es in diesen Besprechungen keine Abstimmungen geben kann, sondern dass sie - aus meiner Sicht – lediglich der Informationsweitergabe dienen und schon gar nicht Beschlüsse des Gemeinderates vorweg genommen werden können.

Dem Aktenvermerk von Herrn Ahne (AZ 022.20) ist zu entnehmen dass „Folgende Einigung“ erzielt wurde:

1. Familien mit Kind aus Gengenbach und ehemalige Gengenbacher(24+8) = 32

2. Gengenbacher ohne Kinder    10

Vereinbart wurde allerdings ausdrücklich, dass Bauplatzbewerber mit ausreichendem Wohneigentum nicht bzw. nachrangig im Vergabeverfahren berücksichtigt werden sollen.

Weil ich mit diesen Vergabekriterien nicht einverstanden war, habe ich an den Bürgermeister und alle Gemeinderäte eine E-Mail geschrieben und auf die vom GR bisher beschlossenen Vergabekriterien hingewiesen.

In der Gemeinderatssitzung vom 27 09.2017 wurde ich persönlich zunächst als befangen erklärt und konnte somit dem weiteren Verlauf nicht mehr folgen, weil ich den Ratssaal verlassen musste.

In der Sitzung wurde die Reihenfolge der Bauplatzbewerber zum ersten Mal nicht namentlich ausgelost.

Dies wurde im Vorfeld der GR-Sitzung nicht kommuniziert.

Unter den Kandidaten waren auch Bewerber, die nicht in Gengenbach leben und solche, die bereits in Besitz von Wohneigentum sind. Es war nicht nachvollziehbar, was unter „ehemaligen Gengenbachern“ zu verstehen ist.

Der GLG-Fraktion stellen sich nach wie vor folgende Fragen:

Warum wurde der Gemeinderat nicht im Vorfeld der Gemeinderats-Sitzung, sondern erst in der Sitzung selbst, darüber informiert, dass das bisherige Auswahlverfahren geändert wurde, zumal es am 25.09.2017 eine Besprechung der Fraktionssprecher zu diesem Thema gab?

War die Änderung der Abstimmungsgruppen tatsächlich ein GR Beschluss? D.h. wurde formal über die Änderung des Verfahrens abgestimmt?

Rechtfertigt der Missbrauch der Adressen der Bewerber Baugebiet "Farbkleks" durch ein Ratsmitglied die Änderung des bisherigen Vergabeverfahrens?

Ist das Fehlverhalten eines Einzelnen Grund genug, dem gesamten Rat die Bewerberliste vorzuhalten?

Können wir so unsere Kontrollfunktion der Gemeindeverwaltung wahrnehmen?

Inzwischen stellen sich uns aber noch weitere Fragen.

Die Reihenfolge der Bauplatzbewerber wurde den Gemeinderäten, nach unserem Schreiben, mittlerweile ja bereits mitgeteilt. - Es gibt also keinen Grund für eine Geheimhaltung der Namen.

Aus den Unterlagen ist ersichtlich, dass es unter ihnen 15 Bewerber gibt, die bereits Wohneigentum besitzen.

Ist verbindlich geregelt worden, wie mit diesem Besitz umzugehen ist und wie ist das Verfahren, wenn dieses Eigentum nicht zur Baufinanzierung verwendet wird, sondern z.B. in der Familie weitergegeben wird?

Und wie kann es sein, dass dieser Personenkreis mit anderen Bauplatzbewerbern gleich gesetzt wurde, die noch nicht im Besitz von Wohneigentum sind obwohl dies zuvor anderes besprochen wurde?

Von den acht „ehemaligen Gengenbachern“ ist uns nur eine Familie persönlich bekannt die tatsächlich aus Gengenbach stammt. Ist der Bezug zu Gengenbach im Vorfeld tatsächlich überprüft und bewertet worden?

Mit dem Fragebogen für die Bauplatzbewerber wurde nämlich nur abgefragt, ob die Bewerber „bereits einmal in Gengenbach gewohnt“ haben.

Durch die neue Regelung bei der Bauplatzvergabe, die am 27.09.2017 kurzfristig eingeführt wurde und die dem früheren Gemeinderatsbeschluss widerspricht, hätten Gengenbacher Familien, denen nach der bisherigen Regel ein Bauplatz zugesprochen worden wäre, nicht mehr zum Zug kommen können, während Bauinteressenten, von denen ein Ehepartner nur kurzfristig in Gengenbach gewohnt hat, jetzt einen Bauplatz erhalten.

Auf jeden Fall wurden Gengenbacher Familien benachteiligt.

Und dies kann aus Sicht der Grünen Liste Gengenbach nicht sein! Wir sind unseren Bürgern zuerst verpflichtet!

Wie Sie sehen, sehr geehrter Herr Bürgermeister und meine sehr geehrten Damen und Herren des Gemeinderates, geht es heute nicht darum, zu beschließen, Anschuldigungen der GLG-Fraktion zurückzuweisen, sondern darum, die Lehren aus dem zu ziehen, was jetzt nicht so glücklich verlief und verbindliche Regelungen für eine Bauplatzvergabe zu beschließen, an die man sich dann auch langfristig zu halten hat.

Wir gehen davon aus, dass die Stadt Gengenbach auch in Zukunft ausreichend Bauplatze für Bauinteressenten vergeben kann.

Deshalb beantragt die GLG-Fraktion hiermit, dass Vergabekriterien für Bauplätze langfristig verbindlich festgelegt werden.

Die Stadt Offenburg hat Vergabekriterien für die Bauplatzvergabe auf ihre Homepage gestellt. Die Stadt Gengenbach könnte sich daran orientieren und dies gleichtun.

Vergabekriterien sollten aus unserer Sicht sein:

  1. Gengenbacher Familien mit Kindern, die aktuell in Gengenbach leben.
  2. Gengenbacher Bürger vor Auswärtigen, die in Gengenbach arbeiten, diese wiederum vor sonstigen Bewerbern. Als Gengenbacher Bürger gelten auch sog. Rückkehrer (ehem. Gengenbacher, die mindestens 10 Jahre in Gengenbach gewohnt haben und seinerzeit z.B. wegen Wohnungsmangels keine Wohnung gefunden haben).
  3. Bewerber, Ehegatten oder Kinder dürfen noch nicht in Besitz eines Hauses sein. Bei Wohnungs-/Hauseigentum muss dies zur Finanzierung des Neubaus verwendet werden.
  4. Ehrenamtliche Tätigkeit: z.B. Verantwortliche Tätigkeit bei der Feuerwehr, in einem Gengenbacher Verein (Vorstand, Übungsleiter usw.) oder beim Roten Kreuz.

Zur Bewertung der Vergabereihenfolg wird ein Punktesystem eingeführt, die sich an dem Offenburger Modell orientiert und neben dem Familienstand auch soziale Notwendigkeiten und die

Wohndauer in Gengenbach berücksichtigt.

Ein entsprechend ausgearbeiteter Antrag wurde Ihnen bereits per Mail zugeleitet und ich werde ihn Ihnen nach der Sitzung noch persönlich übergeben.

25.10.2017 Dieter Halsinger, 1. Sprecher --> (Ausdruck des Berichtes über "Aktuelles" möglich)