Gemeinderatssitzung am 28.07.2021

(Übergabe der Unterschriften zum Bürgerbegehren „Erhalt des Pflasterbelags in der Grabenstraße aus historischen Gründen“ und Sanierungsmaßnahme Grabenstraße – Zweistufige Vorgehensweise

 Die Sitzung des Gemeinderates am 28.07.2021 war wieder einmal emotional sehr aufgeladen und es ging turbulent zu. Anlass war vor allem die Übergabe der Unterschriften zum Bürgerbegehren „Erhalt des Pflasterbelags in der Grabenstraße aus historischen Gründen“ durch Andrea Beiser und Eva Bott den Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens. Frau Beiser hatte dies im Vorfeld der Gemeinderatssitzung mündlich und per E-Mail mitgeteilt. Dennoch wollte ihr der Bürgermeister, nach der Frageviertelstunde, zunächst nicht das Wort erteilen.

Frau Beiser hat sich wie folgt geäußert:

Gemeinderatssitzung am 28.07.2021 - Kinzigtalhalle Gengenbach

Übergabe der Unterschriftenlisten zum Bürgerbegehren Grabenstraße

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Erny,

wie Ihnen bereits am Freitag, dem 16.07.21 um 9 Uhr bei Ihrem Sekretariat Frau Seiler telefonisch mitgeteilt, übergeben wir Ihnen heute vorzeitig die Unterschriftenlisten für das Bürgerbegehren zum Erhalt des Pflasterbelags in der Grabenstraße.

Eine überwältigende Mehrheit der Gengenbacher Bürgerrinnen und Bürger haben sich daran beteiligt. Innerhalb nur eines Monats war es möglich dafür 1460 Unterschriften zu sammeln.

Das entspricht 16,12 % der Wahlberechtigten Bürger in Gengenbach. Für ein Bürgerbegehren sind lediglich 7 % erforderlich, für Gengenbach wären dies exakt 634 Unterschriften. Mit diesem Ergebnis liegen wir heute nur knapp unter einem Bürgerentscheid mit erforderlichen 20 % und das in der Kürze der Zeit!!

Damit ist unser Ziel bei weitem übertroffen. Ich wage keine Prognose, wie das Ergebnis wohl ausgesehen hätte, wäre die mögliche Dreimonatsfrist ausgereizt worden.

Bedanken möchte ich mich in diesem Zusammenhang bei allen Helfern, die uns tatkräftig hierbei unterstützt haben und somit zu diesem großartigen Erfolg beigetragen haben.  Stellvertretend für alle möchte ich mich bei Herrn Manfred Wussler für seinen unermüdlichen Einsatz bedanken sowie bei Herrn Hubert Boden für seinen eindrucksvollen Leserbrief der die Aktion begleitet hat. Herzlichen Dank an alle dafür.

Eingangs hatte ich meinen Anruf beim Sekretariat des BGM erwähnt. Anlass hierfür war der Zeitungsbericht im OT vom 16.07. Ich bot dem BGM an aufgrund der dort geschilderten Dringlichkeit der anstehenden Arbeiten an, die Unterschriften vorzeitig zu übergeben damit schon heute eine Beschlussfassung möglich gewesen wäre und keine weitere zeitliche Verzögerung eintritt. Er sollte die Tagesordnung entsprechend vorbereiten. Ich sprach von über 1000 Unterschriften die ihm spätestens heute übergeben werden.

Es erfolgte daraufhin weder eine Reaktion an diesem Freitag, noch am darauffolgenden Montag bis ich schließlich um 16 Uhr eine E-Mail an den BGM verschickt habe. Daraufhin folgte ca. 17:30 Uhr ein Anruf von Herrn Götz mit E-Mail und Terminvereinbarung am darauffolgenden Dienstag, dem 20.07. um 10 Uhr.

Ein Schelm der Böses dabei denkt.

Ich gewährte Herrn Götz und Herrn Ockenfuß [in Begleitung von Manfred Wussler] Einblick in mehr als 600 Unterschriften und wiederholte mein Angebot in Bezug auf vorzeitige Prüfung der Unterschriften in zwei Teilen, damit heute eine Beschlussfassung möglich gewesen wäre. Dies soweit zum Thema DRINGLICHKEIT.

Deshalb weisen wir jegliche Verantwortung in Bezug auf Mehrkosten für eine zweistufige Ausschreibung der Arbeiten zurück, die angeblich laut Amtsblatt „für die Leistung des Ingenieurbüros sowie in der weiteren Umsetzung der Maßnahme anfallen“ und hoffen, dass der Gemeinderat unserer Auffassung folgt, und der Ausschreibung lediglich für einen Pflasterbelag zustimmt, aufgrund dem eindeutigen Votum der Bürger - wir grenzen ja bald an ein Quorum eines Bürgerentscheides. Die Verantwortung für etwaige Mehrkosten liegt ausschließlich bei der Stadtverwaltung, die übrigens schon im März Gelegenheit gehabt hätte, die Arbeiten auszuschreiben.

Und wie sie wissen ging beim Einwohnerantrag mit ca. 250 Unterschriften alles sehr schnell. Hier folgte die Abstimmung im Gemeinderat über die Zulässigkeit und die Abstimmung zur Oberflächengestaltung am gleichen Tag, obwohl drei Monate Zeit gewesen wäre, um sich mit dem Thema erneut auseinander zu setzen.

Zur Erinnerung:

In der Gemeinderatsitzung am Mittwoch, dem 14.07.21 hatte ich die Frage gestellt:

Wie viele Anwohner der Grabenstraße den Einwohnerantrag unterschrieben haben.

Ihre Antwort Herr BGM: Spielt keine Rolle (für Quorum)

Diese Frage war ein Wink mit dem Zaunpfahl!

Nämlich wie sehen die Hauptbetroffenen, die Anwohner der oberen Grabenstraße das Ganze

  • Die doppeltem Verkehr ausgesetzt sind
  • Die Keine Geschwindigkeitsbegrenzung haben
  • Die in zweiter oder dritter Generation hier leben

dies zu wissen war mir persönlich sehr wichtig schon bei Beginn der Unterschriftenaktion!

An dieser Stelle will ich darauf hinweisen, dass der GR-Beschluss der Variante II die gesamte Grabenstraße betrifft von Café Birnbräuer bis Obertor und nicht nur 150 m, wie so oft falsch in der Presse dargestellt.

Auch gab es einen Hinweis von Herrn Wild in der besagten GR-Sitzung, dass es eine Stellungnahme des Historischen Vereins gibt.

Ihre Antwort Herr BGM:  so jetzt haben wir das auch gehört.

 

Herr BGM:  Kannten Sie die Stellungnahme des historischen Vereins, oder hat Sie die einfach nicht interessiert? Ich kann Ihre Antwort nicht einordnen.

Wenn diese Stellungnahme allen GR-mitgliedern bekannt gewesen wäre, hätten wir uns allen viel Zeit ersparen können und die Entscheidung wäre höchstwahrscheinlich anders ausgefallen.

Ich appelliere jetzt deshalb an alle GR-Mitglieder Informationen zu Sachthemen fraktionsübergreifend zu diskutieren und Unterlagen jedem GR-Mitglied zur Verfügung zu stellen. Es geht schließlich um Gengenbach und die Bürger haben sie alle als Vertreter gewählt!!!

Und nun noch ein Wort zu Ihrer Rechtfertigung im Amtsblatt auf meinen Leserbrief:

1. Das Bürgerbegehren sei nicht offiziell angemeldet-

Stimmt, braucht es auch nicht, Sie wussten jedoch vom ersten Moment an Bescheid, dass es läuft, denn Sie haben auf meinen Leserbrief geantwortet und dort war zu lesen, dass ein Bürgerentscheid noch möglich ist.

2. Ihr Vorwurf: Themen aus dem Zusammenhang gerissen zu haben

Als Leserbriefschreiber hat man bekannter Weise nur wenige Zeilen zur Verfügung,

ihnen als BGM werden ganze Seiten zur Verfügung gestellt, Sie haben alle Möglichkeit alles besser und detaillierter darzustellen. Und deshalb wundert es mich schon, dass Sie bei Ihrer Stellungnahme im Amtsblatt vom 02.07.21 betonen:

Zitat:

„uns liegt es fern durch Weglassen von Informationen, Entscheidungen des Gemeinderates beeinflussen zu wollen“

Fakt ist jedoch:

Dass es Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit entgangen sein muss, dass in der E-Mail vom 17.06.21 verfasst von Frau Claudia Mann vom Landesamt für Denkmalpflege, die an Sie persönlich und weitere Mitarbeiter der Stadt Gengenbach sowie an Frau Dietrich vom Historischen Verein adressiert war,

Zitat:

 „dass der Pflasterbelag der Grabenstraße zum Altstadtbereich gehört und erhalten werden sollte.“

Diese Worte habe ich nie gelesen!!!    dies zum Thema weglassen.

In der Sitzungsvorlage zur GR-Sitzung findet sich dann der Hinweis:

„Asphaltbeton ist mit dem Denkmalamt abgestimmt“.

Dies zum zweiten Teil der Aussage Beeinflussung GR

Jetzt kann sich jeder seine eigene Meinung hierzu bilden. Ich wollte nur skizzieren wie die Abstimmung pro Asphalt zustande kam.

Die rechtliche Prüfung des Bürgerbegehrens aufgrund der vorgelegten Unterlagen ist abgeschlossen. Herr Götz hat mir dies telefonisch am Montag diese Woche mitgeteilt und bestätigt. Die Übergabe erfolgt jetzt.

Entzündet hat sich die ganze Thematik der Oberflächengestaltung an der Lärmbelästigung der Anwohner der unteren Grabenstraße.

Deshalb die abschließende Frage an Sie Herr BGM: Was haben Sie in der Zwischenzeit zur Lärmreduzierung in Erfahrung gebracht? Welche Lösungsansätze gibt es? Welche Maßnahmen sind konkret geplant?

Denn es muss was geschehen, die Zeit drängt!!!

Und noch ein Hinweis zum Schluss in Bezug auf die feuchten Kellerwände, diese sind keinesfalls auf die Feuchtigkeit im Boden der Grabenstraße zurück zu führen, sondern auf die Bausubstanz als solche, da mit Kinzigsteinen gemauert wurde, was zu Ausblühungen von Salzen -Salpeter führt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Andrea Beiser)

Unter dem Tagesordnungspunkt „Sanierungsmaßnahme Grabenstraße – Zweistufige Vorgehensweise“ habe ich wie folgt Stellung genommen:

Die Ausführungen von Frau Beiser habe ich so verstanden, dass es den Initiatoren des Bürgerbegehrens darum geht, nichts zu verschleppen und Mehrkosten zu vermeiden. Offensichtlich kommen wir um Mehrkosten jetzt aber nicht mehr herum. Dies ist jedoch nicht das Verschulden des Bürgerbegehrens und ich hätte mir gewünscht, bereits heute eine Entscheidung „Pro Pflaster“ treffen zu können.

In der letzten GR-Sitzung hatten wir Frau Loddenkemper vom Landesamt für Denkmalpflege (LAD) zum Thema Altstadtschutzverordnung zu Gast. Außer zur Altstadtschutzverordnung hat sie auch zur Grabenstraße Stellung genommen und im Wesentlichen das bestätigt, was wir auch aus der E-Mail von Frau Mann vom 17.06.2021 erfahren haben:

Der Pflasterbelag der Grabenstraße gehört zum Altstadtbereich und sollte erhalten werden.

Das LAD sieht jedoch keine Möglichkeit, sich den Wünschen der Stadt nach Asphaltierung zu verschließen.

Bei den Ausführungen zur Neufassung der Altstadtschutzverordnung ist Frau Loddenkemper auf die Bedeutung der Gesamtanlage Gengenbachs eingegangen. Sie hat erwähnt, dass die Gesamtanlage ein „Schatz“ und ein kulturelles Erbe sei. „Sie haben die Wertigkeit eines Kulturdenkmals von besonderer Bedeutung.“ Zur Gesamtanlage gehören aber auch Straßen- und Platzräume, wie es dem uns ausgehändigten Flyer des Landesamtes für Denkmalpflege zu entnehmen ist.

„Der Erhalt des Stadtbildes und die damit verbundene Kulturgeschichte der Stadt müsse auch für nachfolgende Generationen bewahrt werden“

ist in einem Zeitungsbericht zur Bürgerbeteiligung zur Altstadtschutzverordnung zu lesen, der von der Stadtverwaltung vorbereitet wurde.

Obwohl es z.T. in Abrede gestellt wurde, gehört die Grabenstraße eindeutig zum besonders geschützten und erhaltenswerten Bereich unserer Altstadtschutzverordnung!

Auch wenn sie Grabenstraße früher einmal asphaltiert war, die Stadt hat Geld in die Hand genommen, um sie zu pflastern und somit das optische Bild der Gesamtanlage „Altstadt Gengenbach“ aufzuwerten.

Aus meiner Sicht wäre es fatal, diese frühere Entscheidung wieder rückgängig zu machen.

Bei der Diskussion um die Neugestaltung der Altstadtschutzverordnung wurde uns von der Stadtverwaltung gesagt:

„Wir brauchen z.B. das Verbot für den Einbau von Sonnenschutzrollos, Kunststoff oder Holz-Alufenstern bei Neubauten im Altstadtbereich erst gar nicht in Frage zu stellen, weil es vom LAD nicht akzeptiert wird.

Ich frage mich: Wenn wir uns um solche Kleinigkeiten streiten müssen, warum sieht das LAD dann bei der stadtbildprägenden Pflasterung der Grabenstraße keine Möglichkeit, zu intervenieren?

Es wurde doch gesagt: „Die Aufgabe des Landesamtes sei es, Schaden an Substanz und Erscheinungsbild (unserer Altstadt) abzuwenden.“

Für mich – wie auch für den überwiegenden Teil der Anwohner, wie jetzt durch die Unterschriftensammlung von Frau Beiser dokumentiert ist - muss die Pflasterung der Grabenstraße erhalten bleiben, um die Gesamtanlage „Altstadt Gengenbach“ zu erhalten.

Eine Asphaltierung wäre für mich – wie bereits gesagt – fatal.

Dass man bei der Neugestaltung der Grabenstraße den Anliegen der Anwohner nach weniger Lärm Rechnung tragen muss, ist eine Selbstverständlichkeit.

Ich möchte es nochmals betonen: Der Lärm wird weniger durch das Pflaster, als durch die Vielzahl der Fahrzeuge verursacht.

Zur Geschwindigkeitsreduzierung und Verkehrsberuhigung liegen genügend Vorschläge vor.

Diese müssen jetzt jedoch auch umgesetzt werden! Um es mit den Worten der Sprecher*innen anderer Fraktionen zu sagen: Jetzt können wir etwas für die Anwohner tun!!

  • Ohne ein stadtbildprägendes Erscheinungsbild zu zerstören.

Zum Bürgerbegehren:

Demokratie heißt Meinungsvielfalt! Manchmal ist es nicht leicht, andere Meinungen auszuhalten. Dazu gehört aber auch, Andersdenkende ausreden zu lassen.

Frau Beiser hat gleich gesagt, dass es ihr heute um die Übergabe der Unterschriftenliste für das Bürgerbegehren Grabenstraße geht. Sie wollte also keinen Beitrag zur Fragestunde leisten. (Nach § 33 der Gemeindeordnung sind hierzu nicht nur Fragen zulässig, es können auch Anregungen und Vorschläge unterbreitet werden.)

Ein Bürgerbegehren ist ein hohes demokratisches Gut, dem eine angemessene Wertschätzung entgegengebracht werden sollte! Es ist das erste Mal, dass wir ein solches Begehren in Gengenbach haben und Frau Beiser hat angekündigt, dass sie heute in der Gemeinderatssitzung die Unterschriften übergeben wird.

Für mich ist eine Gemeinderatssitzung für die Übergabe der beste Rahmen und ihr sollte die angemessene Aufmerksamkeit zukommen. Schließlich haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens viel Zeit für die Unterschriftensammlung investiert.

In Richtung meiner Gemeinderatskollegen* innen: Wir sind nicht dazu da, die Stadtverwaltung zu schützen, weil der Bürgermeister dies immer wieder einfordert. Unsere Aufgabe als GR ist es, Entscheidungen zum Wohle der Stadt zu treffen. Und das Wohl der Stadt ist nicht immer eine Billiglösung.

Die Formulierung von Frau Ahlemeyer-Stubbe zu den Ausführungen von Frau Beiser „Ich bin entsetzt!“ hat mich entsetzt. Man muss auch berücksichtigen, wie es zu diesen emotionalen Äußerungen kam. Frau Beiser hat nicht die Routine, vor dem Gemeinderat zu sprechen (und von Herrn Erny wurde sie ständig unterbrochen und es wurde ihr angedroht, das Mikrofon abzuschalten, wenn sie keine Frage stellt).

Die Nachstehende, von mir notierte Aussage habe ich in meinem Vortrag vergessen und nicht mehr angesprochen, weil auch ich unterbrochen wurde:

Auch die Formulierung des Bürgermeisters: „Das war kein guter Einstand, Frau Beiser, kann man umgekehrt sehen. „Dies dient nicht dazu, Gräben zu schließen.“

Dieses Vorgehen zeigt für mich, wo es derzeit in Gengenbach krankt: Wir müssen endlich wieder zu einem wertschätzenden Umgang miteinander kommen, in dem auch andere Meinungen als die eigene respektiert werden!

Dieter Halsinger